Der Liedermacher, Schriftsteller und ehemaliger DDR-Dissident Stephan Krawczyk am Fridericianum | 09/2024
Ein Blick auf die andere Seite – Bespitzelt, ausgeschlossen, vor die Wahl gestellt: DDR Liedermacher Stefan Krawczyk zu Besuch am Gymnasium Fridericianum Rudolstadt
„Oder so’n Sängerlein, wie ich, zum Beispiel, hab wie’n Dackel jahrelang gebellt, bis ich auf’s heikle Thema mit der Macht kam, da ham’se mich dann erst mal kalt gestellt.“ – Stefan Krawczyk in seinem Lied „Das geht solange gut“ (1987)
Eine Vielzahl an Schülern im Osten Deutschlands hat einen eher indirekten Bezug zur DDR. Schließlich zerfiel dieser Staat vor über dreißig Jahren. Als größte Quelle dienen deshalb vor allem die eigenen Eltern und Großeltern, die sein Bestehen erleben durften. Befragt man sie, kommen oftmals zwei Ansichtsweisen zur Geltung: Die einen verabscheuen das ehemalige Regime und ihre Machenschaften, nicht wenige hingegen haben eine nostalgische Sicht auf die Zeit. Doch kann man Letzteres haben, wenn man bespitzelt, ausgeschlossen und schlussendlich vor eine gegenwillige Wahl gestellt wurde? Diese Fragen stehen im Raum, wenn es darum geht, die DDR-Zeit aufzuarbeiten und zu verstehen. Besonders Künstler wie Stefan Krawczyk, die damals sowohl durch ihre Lieder als auch durch persönliche Erlebnisse eine wichtige Stimme des Widerstands waren, tragen maßgeblich zur Reflexion über diese Epoche bei.
Am Freitag, dem 7. September 2024, bot sich den Schülern der zehnten, elften und zwölften Klasse in der Aula des Gymnasium Fridericianum Rudolstadt die Möglichkeit, einem Konzert und Einblick in das Leben des Liedermachers und Schriftstellers Stefan Krawczyk – einem Zeitzeugen des DDR-Regimes – beizuwohnen.
Die Schüler lauschten gespannt den einfachen, aber kraftvollen Melodien und den ernsten, entschlossenen Texten. Krawczyk hat es geschafft, durch seine Musik den Raum zu füllen und dabei die emotionale Last jener Zeit fühlbar zu machen. Seine Lieder verkörpern den Mut zum Widerstand, und dafür zahlte der Liedermacher einst einen hohen Preis: Er wurde von der Stasi überwacht, seiner Arbeitsstelle beraubt und schließlich 1988 aus der DDR zwangsausgebürgert. Gerade diese persönlichen Erfahrungen verleihen seinen Texten bis heute eine besondere emotionale Tiefe und Authentizität, die den Kontrast zwischen der Demokratie und Diktatur deutlich macht.
Neben den Liedern bot er auch durch die Vorlesung seines Buches „Mein bester Freund wohnt auf der anderen Seite“ einen weiteren Einblick in das Leben und die Freundschaft in der geteilten Stadt Berlin.
Das Konzert mit Stefan Krawczyk war mehr als nur eine musikalische Darbietung. Es war eine lebendige Geschichtsstunde, die den Schülern die Möglichkeit gab, über Freiheit, Unterdrückung und den Wert von künstlerischem Widerstand nachzudenken. In einer Zeit, in der die DDR für viele junge Menschen nur noch ein Kapitel im Geschichtsbuch ist, brachte der Liedermacher diese Vergangenheit in eindrucksvoller Weise zurück ins Bewusstsein und zeigte, wie bedeutsam es ist, sich mit Freiheit und Widerstand auch in der Gegenwart auseinanderzusetzen.
Fotos: V. Haupt | Text: K. Maurer | 09/2024
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